Roman Zech Gedanken auf Reisen.

Sri Lanka Railway: Eine Zeitreise auf lottrigen Schienen

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Haputale Railway Station, 1431m. Hier beginnt der letzte Abschnitt meiner Reise in Sri Lanka. Es liegt etwas Wehhmut in der Luft, dass ich bald wieder zum Bandaranaike Intl. Airport und nach Hause muss. Die Wehmut wird bald durch schwarze Dieselschwaden abgelöst. Der Zug nach Badulla fährt ein.

Stolze Singalesische Familie in der dritten Klasse.
Stolze Singalesische Familie in der dritten Klasse.

Ich habe für meine Co-Reisenden eine Runde ausgegeben. 25 Rupies, 16 Rappen für 90 Minuten Zugfahrt Haputale-Elle pro Person in der dritten Klasse. Eigentlich hätten wir uns auch die erste Klasse leisten können (4x so teuer), aber niemand hatte wirklich Lust auf Touristen und übermotivierte Klimaanlagen.
Entlang des Zuges schwenken Mitarbeiter der Bahn grüne Flaggen, die Lok pfeifft. Nach einigen Sekunden setzt sich der Zug mit einem so gewaltigen Ruck in Bewegung, das fast die Kupplung der Wagen zerreisst. Notwendig sei das wegen dem schlechten Schienenzustand, wie mir später erklärt wird.

Abfertigung. Grüne Flaggen zeigen, dass alle eingestiegen sind.
Abfertigung. Grüne Flaggen zeigen, dass alle eingestiegen sind.
Halt oder Fahrt? Die Signale sind über 150 Jahre alt.
Halt oder Fahrt? Die Signale sind über 150 Jahre alt, aber der Lokführer wirds schon wissen.

Am nächsten Tag wandere ich entlang der Schienen zur Nine Arch Bridge. Ein Touristenmagnet, weil es die höchste Eisenbahn-Steinbrücke im Land ist. Von zuhause bin ich mir Spektakuläreres gewohnt.
Ein Streckenwärter läuft ein Stück mit mir. Arbeit hätte er genug: Neue Schienen oder zumindest schleifen, das Schotterbett und die Schwellen erneuern. Er schaut aber, dass alle Schrauben angezogen sind und schlägt bei Bedarf einen neuen Nagel in die Schwelle. Lebensverlängernde Massnahmen.

Die berühmte Nine-Arch-Bridge mit einem 'mixed train'.
Die berühmte Nine-Arch-Bridge mit einem ‚mixed train‘.

Auf dem Weg nach Badulla komme ich einem Mann der „Railway Protection Police“ ins Gespräch. Wir sind beide neugierig. Er will wissen, warum ich nur dritte Klasse fahre, ich, was er den ganzen Tag auf dem Zug macht. Eine eisbrechende Konversation. Scheinbar findet er mich noch lustig und innerhalb von einer guten Stunde lerne ich die ganze Zugbesatzung kennen. Circa acht Männer, weisse Uniform tragen die Abfertiger, braun die Security Guards und zivil sind weitere Security Guards an Board (allerdings unübersehbar, weil sie intensiv mitdiskutieren).
An der Zugbar will ich wissen, ob sie denn auch Alkohol verkaufen. Die Besatzung grinst, ich könne später im Bahnhof vorbeikommen, sie trinken nach Schichtende noch einen Kokusnuss-Arack.

Regionalzug, Intercity und Nachtzug im Bahnhof von Badulla, und ein stolzer Bahnhofsführer.
Regionalzug, Intercity und Nachtzug im Bahnhof von Badulla, und ein stolzer Bahnhofsführer.

Aus dem Schnaps wird schlussendlich nichts. Trinken können Sie nach ihrer 8-Stunden-Schicht, mit Verspätungen heute 9, auch an einem langweiligen Tag. Heute sei ja ich da.
Voller stolz werde ich vom Securtiy Guard, unterdessen in zivil gekleidet, über die Gleise geführt. Im wörtlichen Sinn – ich balanciere über die marode Infrastruktur. Er zeigt mir den Nacht- und Postzug, das Cockpit des modernen Intercity’s. Das es wie wild „Caution – Main Break Pressure low!“ auf der Systemanzeige im Cockpit blinkt, scheint ihn nicht zu stören. „From Romania“, fügt er an und meint, dass sie es gut gemeint haben, den ausrangierten Zug nicht zu verschrotten.
Dann zeige ich Ihnen einige Fotos von Schweizer Zügen. Der ICN sei bestimmt „fast train, no?!“ meinen sie. Ich verabschiede mich. Am nächsten Tag fahre ich mit der gleichen Besatzung zurück nach Kandy. 8 Stunden, 3. Klasse.

Obwohl die Schienen und der Fahrplan grösstenteils noch die gleichen sind, welche die Briten auf die Insel gebracht haben, scheint die Eisenbahn den wirtschaftlichen Aufschwung im Land zu vermitteln. Kommt ein Zug, bleibt das Leben kurz stehen, die Menschen schauen gebannt auf das rauchende Blechmonster und winken freudig den Touristen in der 2. Klasse zu.
Und doch passt das starre System der Bahn nicht zum quirrligen Leben auf der Insel. Einigen scheint der Zug auch etwas suspekt zu sein. Lieber im vollgequetschten Bus als mit dem Zug sind die meisten Einheimischen unterwegs. So zumindest mein Eindruck.

Mir gefällt das Bahnsystem sichtlich (siehe Bild unten). An einer Kreuzungsstelle übe ich den Spagat zwischen den kreuzenden Zügen. Der Security Guard schiesst ein Foto für mich, lacht und schwenkt dann die grüne Abfahrtsflagge. Zeit einzusteigen.

 

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