Roman Zech Gedanken auf Reisen.

Hoher Norden: Auf dem Weg nach oben

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Der Zug nimmt Fahrt auf, weil die Schienen noch nicht zwei Jahre alt sind. Entsprechend ruhiger wird die Fahrt. Auch weil der Zug nur zu rund einem Viertel besetzt ist – eine Seltenheit sonst. Die Fahrt geht nach Jaffna im Norden von Sri Lanka.
Wenige Touristen verirren sich hierher. Wenn, dann sind es Backpacker oder Singalesen aus dem Süden. Mein treuer Begleiter, Stefan Loose, weiss auch nicht weiter. Die Region ist im Aufbruch.

Markt in Jaffna: Ein Verkäufer preist seine Mangos an.
Markt in Jaffna: Ein Verkäufer preist seine Mangos an.

 

Neue Gleise quer durch Jaffna. Am Rand brennt ein kleiner Abfallhaufen.
Neue Gleise quer durch Jaffna. Am Rand brennt ein kleiner Abfallhaufen.

 

Alte Häuser als Mahnmal an der Bus Station in Jaffna.
Alte Häuser als Mahnmal an der Bus Station in Jaffna.

Mein Hotel hat erst vor einem Monat eröffnet. „Earlier than planned and not finished, but already fully booked one day“, erklärt mir der stolze Manager im verhältnismässig klarem Englisch.
Die Hotels in meiner Preisklasse (= 8 bis 25 CHF pro Nacht) lassen sich an einer Hand abzählen. Ich helfe ihnen, ein WLAN-Repeater zu installieren, weil „very important for tourists“ – Recht haben sie.

Ausserhalb der Stadt werden die Gegensätze extremer: Kriegsruinen stehen neben Neubauten günstiger Bauweise, Strassen sind entweder ein Meisterwerk oder ein geflickter Teppich. Ich bin mit dem Scooter unterwegs, werde oft in Dörfern von jungen Männern für Selfies mit altertümlichen Telefonen angehalten. Blauäugige Gingerheads fahren wohl nicht oft vorbei.

In Richtung der Ostküste wird die Bevölkerung ländlicher und dünner. Die Fischerei und die vier Busverbindungen bestimmen das tägliche Leben. Unterkünfte gibts auf Nachfrage – meist als Homestay. Hier gibt es keinen Tourist Prize mehr, dafür intensive Begegnungen. Bei mir eine Rundfahrt durchs Dorf mit dem Development Officer – die Einheimischen nennen ihn aber lieber Prime Minister, sie developpen lieber selber.

Am Strand reihen sich Fischerboote aneinander. Gleich daneben ein Spielplatz im europäischen Style. „World Vision“ steht angeschrieben. Die Kette und das Schloss ums Eingangstor sind nicht sehr einladend.

Sandstrand ohne Touristen: Die Stände um Mullativu sind schön und menschenleer.
Sandstrand ohne Touristen: Die Stände um Mullativu sind schön und menschenleer.
Sonnenuntergang in Mullativu
Sonnenuntergang in Mullativu
Der Spielplatz von World Vision
Der Spielplatz von World Vision

Das höchste Gebäude im Ort ist die Tsunami-Warnanlage. Was ich denn machen müsse, wenn das Horn losgeht, will ich wissen. Ein verlegenes Kopfwippen. „You run…“.
In der Memorial Church treffe ich zwei Mädchen in einer Ecke. Sie singen und zünden Kerzen für ihre Eltern an. Für sie und rund 300 weitere Namen auf den Säulen der Kirche kam die Warnanlage zu spät. Ich will mir die Welle lieber nicht vorstellen.

Ausserhalb des Ortes erinnert ein weiteres Mahnmal an schlimme Zeiten. Eine Art Freiheitsstatue in einem See und ein kleines Museum erinnern an den Krieg. Die Anlage streng von der Sri Lankan Army (ausschliesslich Singalesen) bewacht. Ich bin verdächtig und interessant, erhalte eine Art Body Guard, der mir hinterherläuft und zum Schluss ein Foto von mir und der Statue macht.

„Switzerland“ wird hier gerne gesehen und mit einem anerkennenden „oh Suizalandü“ quittiert. Meine Rolle ist irgendwie zwiespältig. Ich bin eigentlich nur ein Tourist, vielleicht etwas interessierter als der Durchschnitt. Ich bringe aber kein Gratis-Geld und  keine Visa’s für die Schweiz, vielleicht  etwas Hoffnung, dass bald mehr „tourism“ kommt.

Zwei Tsunamiüberlebende trauern um ihre Eltern.
Zwei Tsunamiüberlebende trauern um ihre Eltern.

 

Prunkvoll, aber streng bewacht: Das War Museum in der Nähe von Puthukkudiyiruppu.

 

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von Roman Zech
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